Samstag, 6. Oktober 2012

Walthers Kreuzfahrerlied


Nû lebe ich mir alrêrst werde,
sît mîn sündic ouge sihet
daz hêre lant und ouch die erde,
der man vil der êren gihet.
Nû ist geschehen, des ich ie bat:
ich bin komen an die stat,
dâ got mennischlîchen trat.


Schœniu lant rîch unde hêre,
swaz ich der noch hân gesehen,
sô bist dûz ir aller êre.
Waz ist wunders hie geschehen!
Daz ein maget ein kint gebar,
hêre über aller engel schar,
was daz niht ein wunder gar?


Hie liez er sich reine toufen,
daz der mensche reine sî.
Dô liez er sich hie verkoufen,
daz wir eigen wurden frî.
Anders wæren wir verlorn.
Wol dir, sper, kriuze unde dorn!
Wê dir, heiden, daz ist dir zorn!

Dô er sich wolte übr uns erbarmen,
hie leit er den grimmen tôt,
er vil rîche durch uns armen,
daz wir kœmen ûz der nôt.
Daz in dô des niht verdrôz,
dast ein wunder alze grôz,
aller wunder übergenôz.


Kristen, juden unde heiden
jehent, daz diz ir erbe sî:
got müeze ez ze rehte scheiden
durch die sîne namen drî.
Al diu werlt diu strîtet her.
Wir sîn an der rehten ger:
reht ist, daz er uns gewer.


Erläuterungen, weitere Strophen und eine Übersetzung bietet der Wikipediaartikel Palästinalied.

Eine etwas ins Landsknnechthafte verschobene Version bietet die Gruppe In Extremo.

Es freit ein wilder Wassermann


Es freit ein wilder Wassermann
in der Burg wohl über dem See.
Des Königs Tochter wollt er han,
Die schöne junge Lilofee.

Sie hörte drunten Glocken gehn
Im tiefen, tiefen See,
Wollt' Vater und Mutter wiedersehn,
Die schöne, junge Lilofee.

Und als sie vor dem Tore stand
Auf der Burg wohl über dem See,
Da neigt sich Laub und grünes Gras
Vor der schönen, jungen Lilofee.

Und als sie aus der Kirche kam
Vor der Burg wohl über dem See,
Da stand der wilde Wassermann
Vor der schönen, jungen Lilofee.

"Sprich, willst du hinuntergehn mit mir
Von der Burg wohl über dem See?
Deine Kindlein unten weinen nach dir,
Du schöne, junge Lilofee."

"Und eh ich die Kindlein weinen laß
Im tiefen, tiefen See,
Scheid ich von Laub und grünem Gras,
Ich arme, junge Lilofee."


zur Guitarre gesungen

Noten

Nach anderen Versionen sind hinter der ersten Strophe drei weitere einzufügen:


Er ließ eine Brücke mit Gold beschlag'n
von der Burg bis über die See.
Darauf sollt' sie spazieren gahn,
die schöne Lilofee.

Sie ging darüber wohl manchen Gang
von der Burg wohl über die See,
bis daß sie unter das Wasser sank,
die schöne Lilofee.

Darunter war sie sieben Jahr
von der Burg bis über die See,
bis daß sie ihm sieben Söhne gebar,
die schöne Lilofee.

Die hieraus sich ergebenden Interpretationen gehen wohl alle in die Richtung, dass die Frau gekauft wird und dann in das Reich des Mannes verschleppt wird, eine feministische Interpretation der patriarchalischen Ehe.

Ganz konkret kann man von da ausgehend versuchen, für den Wassermann Ackermann einzusetzen und für die Lilofee Angela Merkel. Ihre Rückkehr auf die Burg wäre dann die Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft mit der entsprechenden Regulierung der Banken. Die weinenden Kinder wären die Euroländer, ihre Rückkehr in den See wäre dann der Abschied von der Demokratie und ihre Anpassung an den Markt. 

Von der männlichen Seite aus gesehen erscheint der "wilde" Wassermann als die feministische Verzerrung des Mannes zum brutalen Macho. Jede Weise, sich auf den Mann einzulassen, wird danach zum Verzicht auf die Menschlichkeit der Frau durch Unterwerfung unter die männliche Gewaltherrschaft aus Mitgefühl für die Kinder, die ihm sonst völlig schutzlos ausgeliefert wären.
Die Kinder als Mittel der Fesselung, als Bleikugel am Bein der in den Kerker der Ehe eingeschlossenen Frau.

Oder gehe ich mit meinen Interpretationen zu weit?

Hier Gesang und Text von Faun: 
Gesang und Text sind eine freie Verarbeitung beider Versionen.