Friedrich Gundolf
Schließ Aug und Ohr
Schließ Aug und Ohr für eine Weil
vor dem Getös der Zeit.
Du heilst es nicht und hast kein Heil
als wo dein Herz sich weiht.
Dein Amt ist hüten, harren, sehen
im Tag die Ewigkeit.
So bist du schon im Weltgeschehen
befangen und befreit.
Die Stunde kommt da man dich braucht,
dann sei du ganz bereit.
Und in das Feuer das verraucht,
wirf dich als letztes Scheit.
[Fassung des Erstdrucks in: Jugendland.
Jungenblätter des Bundes deutscher
Ringpfadfinder 1931.]
Dies Lied von Friedrich Gundolf aus dem George-Kreisist mir erst heute bekannt geworden. Wegen seines Pathosspricht es mich nicht recht an. Doch der Vers "Und in dasFeuer das verraucht, wirf dich als letztes Scheit."wirkt aufgrund des Eindrucks der Fragwürdigkeit oderSinnlosigkeit. Aufmerksam wird man, wenn man hört, dasses als "Lied der Weißen Rose" bekannt geworden ist .Das ist der Grund, weshalb ich es hier aufgenommen habe.Ich selbst bin sehr dagegen, Aug und Ohr zu verschließen.Die gute Sache zu verteidigen sollte man immer bereit sein,freilich kommt es immer auf die Verhältnismäßigkeit derMittel an. Doch nicht ohne guten Grund steht in Artikel 20Absatz 4 des Grundgesetzes der BRD:"Gegen jeden, der es unternimmt, diese [demokratische]Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Rechtzum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist."Das heißt, man sollte rechtzeitig handeln, bevor "andereAbhilfe nicht möglich ist".Haltet Augen und Ohren offen, bevor es zum "letztenScheit" kommt, ist daher die demokratische Devise.
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