Mittwoch, 4. Januar 2023

Wilde Gesellen vom Sturmwind durchweht

 

Wilde Gesellen vom Sturmwind durchweht,
Fürsten in Lumpen und Loden,
ziehn wir dahin bis das Herze uns steht,
ehrlos bis unter den Boden.
Fidel Gewand in farbiger Pracht
trefft keinen 
Zeisig ihr bunter,
ob uns auch Speier und Spötter verlacht,
Uns geht die Sonne nicht unter


Ziehn wir dahin durch Braus und durch Brand,
klopfen bei Veit und Velten.
Huldiges Herze und helfende Hand
sind ja so selten, so selten.
Weiter uns wirbelnd auf staubiger Straß
immer nur hurtig und munter;
Ob uns der eigene Bruder vergaß,
uns geht die Sonne nicht unter


Aber da draußen am Wegesrand,
dort bei dem König der Dornen.
Klingen die Fiedeln ins weite Land,
klagen dem Herrn unser Carmen.
Und der Gekrönte sendet im Tau
tröstende Tränen herunter.
Fort geht die Fahrt durch den wilden Verhau,
Uns geht die Sonne nicht unter


Bleibt auch dereinst das Herz uns stehn
Niemand wird Tränen uns weinen.
Leis wird der Sturmwind sein Klagelied wehn
trüber die Sonne wird scheinen.
Aus ist ein Leben voll farbiger Pracht,
zügellos drüber und drunter.
Speier und Spötter, ihr habt uns verlacht,
Uns geht die Sonne nicht unter


Text und Musik: Verfasser unbekannt , aus der Zeit der bündischen Jugend , des Wandervogel , mündlich überliefert , aufgezeichnet von Fritz Sotke – 1924

Version von Ernst Busch:

Wilde Gesellen, vom Sturmwind durchweht
Fürsten in Lumpen und Loden
ziehen wir dahin, bis das Herze uns steht
Rebellen bis unter den Boden.
Fiedel, Gewand in farbiger Pracht
trefft keinen 
Zeisig ihr bunter.
Spießer und Spötter, ihr habt uns verlacht.
Uns ging die Sonne nicht unter

Ihr Herren der Banken, ihr Ritter vom Gold,
bewahrt euren traurigen Plunder.
Ihr Diener der Götzen von Mammon und Sold,
auch eure Welt brennt wie Zunder.
Kämpfende Jugend im Sturmgebraus
holt eure Götzen herunter.
Mit Euren Tempeln und Banken ist‘s dann aus,
euch geht die Sonne bald unter.


Verfolgt und verraten, vom Kerker bedroht,
Freiwild für die Gestapo-Schergen‘
zerfetzt und zerschossen die Fahne, blutrot,
sie ging mit durch Tod und Verderben.
Wir waren Verräter an Hitlers Staat,
und wir sind stolz auf unsere Verbrechen.
Wir waren die Jugend des Hochverrats,
uns konnte kein Gegner zerbrechen.
Wir sind die Jugend des Hochverrats,
uns soll kein Gegner zerbrechen.

Text: Ernst Busch – um 1937? letzte Zeile in anderen Versionen auch: „An uns soll die Knechtschaft zerbrechen“


Version von Häftlingen aus dem Konzentrationslager:

Graue Kolonnen ziehen ins Moor
Arbeiterreih´n ohne Ende
Posten zur Seite, Posten davor
Posten am Zugesende
Geht auch der Tod uns dauernd zur Seit´
Geht es auch drüber und drunter
Braust auch der Wind durch finstere Heid´
Uns geht die Sonne nicht unter.


Fern von der Heimat, dem Freundeskreis,
Trennen uns Draht und Gelände;
Doch wir spüren erdenweit
Helfende Bruderhände.
Geht auch im einsamen Moor unsre Straß´
Endlos bergauf und bergunter,
Keiner von uns die Heimat vergaß
uns geht die Sonne nicht unter


Graue Kolonnen ziehen ins Moor
Arbeiterreih´n ohne Ende.
Posten zur Seite, Posten davor,
Posten am Zugesende.

Doch strahlt uns im Osten ein Morgenrot,
Aufleuchtend hell, wie ein Wunder,
Kündet uns allen ein Ende der Not.
Uns geht die Sonne nicht unter!

Text: Verfasser unbekannt 

Quelle: Volksliedarchiv

Das Lied wurde (zumindest in den 60er Jahren) auch in der Bundeswehr gesungen. 

Bemerkenswert, wie dies poetische Lied in verschiedener Weise umgeschrieben wurde. 

Die einprägsame Zeile "Uns geht die Sonne nicht unter" wurde auch als Titel eines Naziliederbuchs verwendet.


Keine Kommentare: