Samstag, 24. September 2022

Der Schneemann

 Der Schneemann


Alles ringsum weit und breit
Steht im Winderkleide.
Junge Saat ist überschneit,
Nadelwald und Heide.

Einen Schneemann jetzt zu baun,
Welche Lust für Jungen!
Einen sah ich dort am Zaun,
Der ist wohlgelungen.

Grimmig blickt er in das Land
Und verbreitet Schrecken:
Noch dazu in einer Hand
Hält er einen Stecken.

Wild und trotzig steht er da
Und voll eis’ger Kälte,
Gleich als wäre fern und nah
Keiner, der ihn fällte.

Aber seine trotz’ge Macht
Dauert nicht gar lange;
Wenn einmal die Sonne lacht,
Wird dem Riesen bange.

Seine ganze Herrlichkeit
Steht auf schwachen Füßen;
Eh‘ es Kirschenblüthen schneit,
Muß er schon zerfließen.  

Donnerstag, 1. September 2022

Es steht ein Baum im Odenwald

 

Es steht ein Baum im Odenwald

der hat viel grüne Äst´

da bin ich schon viel tausend mal

bei meinem Schatz ge’west.

 

Da sitzt ein schöner Vogel drauf

Der pfeift ganz wunderschön

Ich und mein Schätzlein lauern nach

Wenn wir mit ´nander gehn.

 

Der Vogel sitzt in seiner Ruh

Wohlauf dem höchsten Zweig

Und schauen wir dem Vogel zu

So pfeift er also gleich.

 

Der Vogel sitzt in seinem Nest

Wohl auf dem grünen Baum

Ach Schätzel bin ich bei dir gwest

Oder ist es nur ein Traum.

 

Und als ich wieder kam zu ihr

Verdorret war der Baum

Ein andrer Liebster stand bei ihr

Jawohl es war ein Traum.

 

Der Baum der steht im Odenwald

und ich bin in der Schweiz

da liegt der Schnee und ist so kalt

mein Herz es mir zerreißt.


(Text von Auguste Pattberg 1808
Melodie von Johann Friedrich Reichardt 1810)