Mittwoch, 30. August 2017

Jauchzende Jungen

Jauchzende Jungen
Auf dem Rücken ihrer Pferde
Ohne Sättel an die Mähne festgekrallt
Staub wirbelt auf
Es dröhnt vom Hufschlag die Erde
Hei so jagen wir vorwärts
Daß die Seidenfahne knallt
Prall stehn die Segel
Peitscht der Salzwind die Wogen
Und die Möwen folgen kreischend uns im Heck
Uns hat das Meer
In seinen Bann gezogen
Wenn die schäumenden Brecher
Über Bug und Deck

Jagen die Schier
Von den glitzernden Hängen
Und mit federleichten Schwüngen steil ins Tal
Dröhnt unsre Hütte
Nachts von wilden Gesängen.
Ist dein Leben entschieden
Denn es bleibt dir keine Wahl

Glühende Funken
Sprühn aus lodernden Flammen
Schwingen sich mit unsern Liedern sternenwärts
Schaffender Geist
Kann nur dem Feuer entstammen,
Hei, so seid wie das Feuer
Das noch stärker ist als Erz!
Text und Musik: Siegfried Schmid , 1949 (Volksliederarchiv)

Mit den weiteren Strophen des Liedes "Wilde Gesellen" hat sich offenbar in meinem Gedächtnis das Tor zu Fahrtenliedern geöffnet und die treibende Melodie dieses jungen Liedes geht mir durch den Kopf. 
Über die erste Strophe hinaus gibt mein Gedächtnis nichts frei. Die Mundorgel liefert mir zwei weitere Strophen, an die ich mich gut besinnen kann, die vierte, die hier steht, war mir unbekannt. 
dazu: Peter Reuter: Pfeifen auf die Mundorgel ZEIT 2003

Sonntag, 27. August 2017

Wilde Gesellen, vom Sturmwind durchweht

Dies Lied ist in der Zeit der Weimarer Republik bekannt geworden. Offenbar war es eines der beliebtesten Marschlieder in der Bundeswehr (mehr zu dem Lied).
Erst in diesen Tagen wurde mir merkwürdig, dass die Formulierung "ehrlos bis unter den Boden" den Sängern offenbar ohne Probleme von den Lippen ging. Die Stimmung des Trotzes scheint den Textinhalt völlig zu überdecken.
Welcher Bundeswehrsoldat klopfte bei "Veit oder Velten" und zählte das Wort "huldig" zu seinem Sprachschatz?
Im Text gibt es noch manches, was zum Bundeswehrsoldaten oder gar zum Angehörigen der Wehrmacht des NS-Regimes nicht passte. Das Lied aber wurde gesungen.

1.
Wilde Gesellen vom Sturmwind durchweht,
Fürsten in Lumpen und Loden,
ziehn wir dahin bis das Herze uns steht,
ehrlos bis unter den Boden.
Fiedel, Gewand* in farbiger Pracht
trefft keinen Zeisig ihr bunter,
ob uns auch Speier und Spötter verlacht,
Uns geht die Sonne nicht unter.

*auch: "Fiedelgewandt" und "Fiedel gewandt"

2.
Ziehn wir dahin durch Braus und durch Brand,
klopfen bei Veit und Velten.
Huldiges Herze und helfende Hand
sind ja so selten, so selten.
Weiter uns wirbelnd auf staubiger Straß’
immer nur hurtig und munter;
Ob uns der eigene Bruder vergaß,
uns geht die Sonne nicht unter.

3.
Aber da draußen am Wegesrand,
dort bei dem König der Dornen.
Klingen die Fiedeln ins weite Land,
klagen dem Herrn unser Carmen.
Und der Gekrönte sendet im Tau
tröstende Tränen herunter.
Fort geht die Fahrt durch den wilden Verhau,
Uns geht die Sonne nicht unter.

4.
Bleibt auch dereinst das Herz uns stehn
Niemand wird Tränen uns weinen.
Leis wird der Sturmwind sein Klagelied wehn
trüber die Sonne wird scheinen.
Aus ist ein Leben voll farbiger Pracht,
zügellos drüber und drunter.
Speier und Spötter, ihr habt uns verlacht,
Uns geht die Sonne nicht unter.


 Ernst Busch hat das Lied 1937 umgedichtet: Die letzte Strophe der neuen Version lautete:
Verfolgt und verraten, vom Kerker bedroht:
Freiwild für die Gestapo-Schergen.
Zerfetzt und zerschossen, die Fahne blutrot,
Sie ging mit durch Tod und Verderben.
Wir war ’n Verräter an Hitlers Staat.
Und wir sind stolz auf unser Verbrechen.
Wir war ’n die Jugend des Hochverrats:
Uns konnt’  kein Gegner zerbrechen.
Es gab offenbar sogar eine Version, die im KZ gesungen wurde.
Eine neuere Version von Die Streuner

Bei Youtube die Melodie

Nochmals empfehle ich die Seite zum Lied von Georg Nagel.

Bemerkenswert finde ich - was bei Nagel nicht angesprochen wird -, dass bei "König der Dornen" "am Wegesrand" zunächst die Assoziation Zaunkönig geweckt wird, bis mit 'tröstenden Tränen vom Gekrönten' eindeutig auf Jesus Christus als Dornenkönig Bezug genommen wird. (Verbindende Assoziation ist das Wegkreuz.)
Dies Lied, das aus der Rolle eines Vaganten gesunden wird, atmet für mich eindeutig den Geist der Jugendbewegung im Übergang zur Bündischen Jugend. Es enthält viele poetische Elemente.
Als Marschlied scheint mir dies trotzig-melancholische Lied einerseits nicht recht passend. Für "gemeine" Soldaten freilich, die geschliffen werden, damit sie ohne Zögern in den Tod gehen, weil ihnen die Selbstachtung genommen worden ist, passt diese Melancholie.