Sonntag, 20. Dezember 2009

Der Mond ist aufgegangen

Der Mond ist aufgegangen
die goldnen Sternlein prangen
am Himmel hell und klar.
Der Wald steht schwarz und schweiget,
und aus den Wiesen steiget
der weiße Nebel wunderbar.

Wie ist die Welt so stille
und in der Dämmrung Hülle
so traulich und so hold
als eine stille Kammer,
wo ihr des Tages Jammer
verschlafen und vergessen sollt.

Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen
und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen,
die wir getrost belachen,
weil unsre Augen sie nicht sehn.

Wir stolzen Menschenkinder
sind eitel arme Sünder
und wissen gar nicht viel.
Wir spinnen Luftgespinste
und suchen viele Künste
und kommen weiter von dem Ziel.

Gott, lass dein Heil uns schauen,
auf nichts Vergänglichs trauen,
nicht Eitelkeit uns freun;
lass uns einfältig werden
und vor dir hier auf Erden
wie Kinder fromm und fröhlich sein.

Wollst endlich sonder Grämen
aus dieser Welt uns nehmen
durch einen sanften Tod;
und wenn du uns genommen,
lass uns in’ Himmel kommen,
du unser Herr und unser Gott.

So legt euch denn, ihr Brüder,
in Gottes Namen nieder;
kalt ist der Abendhauch.
Verschon uns, Gott, mit Strafen
und lass uns ruhig schlafen.
Und unsern kranken Nachbarn auch!

Text: Matthias Claudius
Melodie: Johann Abraham Peter Schulz (sieh: ZEIT)

Die Blümelein, sie schlafen

Die Blümelein, sie schlafen
längst im Mondenschein.
Sie nicken mit den Köpfen
auf ihren Stängelein.
Es rüttelt sich der Blütenbaum,
er säuselt wie im Traum:
Schlafe, schlafe,
schlaf du, mein Kindelein!

Die Vögelein, sie sangen
so süß im Sonnenschein,
sie sind zur Ruh gegangen
in ihre Nestchen klein.
Das Heimchen in dem Ährengrund,
es tut allein sich kund.
Schlafe, schlafe …

Sandmännchen kommt geschlichen
und guckt durchs Fensterlein,
ob irgend noch ein Liebchen
nicht mag zu Bette sein.
Und wo er nur ein Kindchen fand,
streut er ihm in die Augen Sand.
Schlafe, schlafe …

Sandmännchen aus dem Zimmer,
es schläft mein Herzchen fein,
es ist gar fest verschlossen
schon sein Guckäugelein.
Es leuchtet morgen mir Willkomm
das Äugelein so fromm!
Schlafe, schlafe …

Melodie u.a. in ZEIT

Wer hat die schönsten Schäfchen?

Wer hat die schönsten Schäfchen?
Die hat der goldne Mond,
der hinter unsern Bäumen
am Himmel droben wohnt.

Er kommt am späten Abend,
wenn alles schlafen will,
hervor aus seinem Hause
zum Himmel leis und still.

Dann weidet er die Schäfchen
auf seiner blauen Flur,
denn all die weißen Sterne
sind seine Schäfchen nur.

Sie tun sich nichts zuleide,
hat eins das andre gern,
und Schwestern sind und Brüder
da droben Stern an Stern.

Und soll ich dir eins bringen,
so darfst du niemals schrein,
musst freundlich wie die Schäfchen
und wie ihr Schäfer sein.

Zur Melodie sieh ZEIT

Müde bin ich, geh zur Ruh

Müde bin ich, geh zur Ruh,
schließe beide Äuglein zu.
Vater, lass die Augen dein
über meinem Bette sein.

Hab ich Unrecht heut getan,
sieh es, lieber Gott, nicht an,
deine Gnad und Jesu Blut
macht ja allen Schaden gut.

Alle, die mir sind verwandt,
Gott, lass ruhn in deiner Hand,
alle Menschen, groß und klein,
sollen dir befohlen sein.

Kranken Herzen sende Ruh,
nasse Augen schließe zu.
Lass den Mond am Himmel stehn
und die stille Welt besehn.

Zur Melodie sieh ZEIT
Text und Melodie veröffentlicht die ZEIT in ihrer verdienstvollen Reihe zur Musikerziehung, die Eltern daran heranführen will, ihren Kindern wieder Schlaflieder zu singen.

Freitag, 13. November 2009

Im Lande der Knechtschaft

Miriam schlägt die Pauke

Ein Lied, das deutlich macht, dass schon in früher jüdischer Zeit beim Exodus aus Ägypten die Rolle der Frau nicht so unwichtig war, wie es manchmal scheint. Ein Lied, das zum Aufbruch, zur Auferstehung aus den Fesseln das Alltags aufruft.

Und doch, bei den Worten
die Freiheit ist drohend und neu.
Es lockt die Versuchung, zurück zu fliehn
in die Sicherheit der Sklaverei

höre ich Westerwelle und die Boni-Manager den Hartz-IV-Bedrohten die Freiheit anpreisen, die darin bestünde, den Arbeitgebern die Kostensteigerungen im Gesundheitssystem abzunehmen, und die Knechtschaft geißeln, die jeder sich wünsche, der sich soziale Sicherheit wünscht.
Wer den Sozialstaat bewahren will, kämpft, wenn man der Argumentation solcher Maulhelden folgt, für den Streichelzoo.
Daran hat Claudia Mitscha-Eibl, als sie dies Lied schrieb, mit Sicherheit nicht gedacht; aber die schwarz-gelbe Koalition lässt mich solche Worte nicht mehr unvoreingenommen hören.

Freitag, 25. September 2009

Es regnet, es regnet ...

Es regnet, es regnet, die Erde wird nass,
bunt werden die Blumen und grün wird das Gras.
Mairegen bringt Segen, und werden wir nass,
so wachsen wir lustig wie Blumen und Gras.

Dies Kinderlied hat in der hier zitierten (mir mündlich überlieferten) Form bis auf die hier schräg gedruckte Passage dieselbe Melodie wie "Ihr Kinderlein kommet". Es ist ein wahres Volkslied, insofern es in sehr vielen verschiedenen Fassungen existiert, der einzelne Sänger aber als Kind nur "seine" Version gekannt hat, mag sie auch aus verschiedenen zusammengesetzt gewesen sein.

Eine andere Version meiner mündlichen Überlieferung - mit anderer Melodie - lautet:
Es regnet, es regnet, es regnet seinen Lauf.
Lass regnen, was es regnen will,
lass allem seinen Lauf.
Und wenn's genug geregnet hat,
dann hört' auch wieder auf.

Eine Variation der ersten Version wurde im katholischen Kindergarten gesungen:

Es regnet, Gott segnet, die Erde wird nass.
Wir sitzen im Trocknen, was schadet uns das?

Weitere Versionen jeweils mit Fundstelle:

Es regnet, es regnet, die Erde wird nass!
Und wenn's genug geregnet hat,
dann wächst auch wieder Gras!

Es regent, es regnet, es regnet seinen Lauf!
Und wenn's genug geregnet hat,
dann hört's auch wieder auf!

Es regnet, es regnet, was kümmert uns das!
Wir sitzen im Trockenen,
und werden nicht nass!
(http://www.kiwelt.de/detailcontent.php?id=92)

Es regnet, es regnet
der Kuckuck wird naß
Wir sitzen im Trockenen
was schadet uns das?
(http://www.volksliederarchiv.de/text1363.html)

a) Es regnet, es regnet,
es regnet seinen Lauf,
und wenn es genug geregnet hat,
dann hört es wieder auf.

Es regnet, es regnet,
es regnet Tag und Nacht,
und wenn's genug geregnet hat,
die Sonne wieder lacht.


b) Es regnet, es regnet, die Erde wird nass.
Mach mich nicht nass, mach mich nicht nass,
mach nur die bösen Buben nass, mach mich nicht nass!

c) Es regnet, es regnet die Erde wird nass,
mach mich nicht nass, mach mich nicht nass,
mach nur den ..........nass

(Versionen a - c: http://www.netmoms.de/fragendetail/3523795)

Es regnet, es regnet
die Erde wird nass.
Mach mich nicht nass, mach mich nicht nass,
mach nur die bösen Kinder nass!
(http://www.golyr.de/kinderlieder/songtext-es-regnet-es-regnet-575960.html)

Es regnet, es regnet, es regnet seinen Lauf.
Und wenns genug geregnet hat, dann hört es wieder auf.
(http://buen-camino.blog.de/2009/09/04/regnet-regnet-6888308/)

d) Es regnet, es regnet, die Erde wird nass.
Das freu'n sich die Kinder, da wächst auch das Gras.

Es regnet, es regnet, es regnet seinen Lauf.
Und wenn's genug geregnet hat, dann hört es wieder auf.

Es regnet, es regnet, der Kuckuck wird nass.
Wir sitzen im Trocknen, was schadet uns das?


e) es regnet, es regnet,
die erde wird nass,
dann kommen die soldaten
und schießen mit Tomaten
Tomaten sind zu teuer,
dann schießen sie mit Feuer
Feuer ist zu heiß,
dann schießen sie mit eis,
eis ist zu kalt,
dann gehn sie in den Wald,
der Wald ist zu eng,
dann macht die Hose pääääng!!!

(Version d und e: http://www.netmoms.de/fragendetail/3513429)

Es regnet, wenn es regnen will und regnet seinen Lauf,
und wenn's genug geregnet hat, so hört es wieder auf.

(Das große Liederbuch von Anne Diekmann mit Bildern von Tomi Ungerer, Diogenes Verlag 1975, S.147 - Der Kanon von Carl Friedrich Zelter (1758-1832), der für diesen Text geschrieben ist, weist diese Version als eine aus der Goethezeit aus.)

Dass eine so alte Form ohne den Hinweis auf nasse Erde existiert, lässt mich vermuten, dass es zwei getrennte Überlieferungsstränge gibt, deren einer durch "die Erde wird nass" und dessen anderer durch "regnet seinen Lauf" gekennzeichnet ist. Die dritte hier angeführte Textvariation wäre dann eine spätere Verknüpfung zweier bis dahin getrennt existierender Lieder.
Dass Version e) die neuste ist, steht außer Frage. Der Reim kalt und Wald dürfte freilich in der Volksdichtung schon ziemlich alt sein.


Ich bin dankbar für alle Kommentare mit weiteren Versionen, besonders natürlich für Versionen deren Überlieferung schon im 19. Jahrhundert nachgewiesen werden kann.

Andere Fälle von mündlicher Überlieferung