Donnerstag, 4. September 2008

Bürgerlied 1848

Weise: Prinz Eugenius, edler Ritter.

1.
Ob wir rote, gelbe Kragen,
Helme oder Hüte tragen,
Stiefeln tragen oder Schuh:
Oder ob wir Röcke nähen
Und zu Schuhen Drähte drehen:
Das thut, das thut nichts dazu.

2.
Ob wir können präsidiren,
Oder müssen Akten schmieren
Ohne Rast und ohne Ruh;
Ob wir just Collegia lesen,
Oder aber binden Besen:
Das thut, das thut nichts dazu.

3.
Ob wir stolz zu Rosse reiten,
Oder ob zu Fuß wir schreiten
Fürbaß unserm Ziele zu;
Ob uns vorne Kreuze schmücken
Oder Kreuze hinten drücken:
Das thut, das thut nichts dazu.

4.
Aber ob wir Neues bauen,
Oder Altes nur verdauen,
Wie das Gras verdaut die Kuh;
Ob wir für die Welt was schaffen,
Oder nur die Welt begaffen:
Das thut, das thut was dazu.

5.
Ob im Kopfe etwas Grütze
Und im Herzen Licht und Hitze,
Daß es brennt in einem Nu;
Oder ob wir hinter Mauern
Stets im Dunkel träge kauern:
Das thut, das thut was dazu.

6.
Ob wir rüstig und geschäftig,
Wo es gilt zu wirken kräftig,
Immer tapfer greifen zu;
Oder ob wir schläfrig denken:
"Gott wird's schon im Schlafe schenken!"
Das thut, das thut was dazu.

7.
Drum ihr Bürger, drum ihr Brüder,
Alle eines Bundes Glieder,
Was auch jeder von uns thu' –
Alle die dies Lied gesungen,
So die Alten wie die Jungen,
Thun wir, thun wir denn dazu!


Republikanisches Liederbuch. Hrsg. von Hermann Rollett. Leipzig: C. W. B. Naumburg 1848, S. 120–122.

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